Danke für alle Online-Gottesdienste. Für alle? Auch für die schlechten?

Wir erleben gerade mit unheimlicher Beschleunigung und in geballter Wucht, was alles in Digitaler Kirche möglich, kritisch, schön und schrecklich ist … darüber würde ich gerne mit euch reden. Und ich stelle fest:

Viel Schrott in digitaler Kirche

Die ganzen verwackelten Handybilder, die Rohrkrepierer, die immer öden Angebote, die jetzt auch noch für immer im Internet stehen. Diese Art von Kirchlichkeit, in der das Sendungsbewusstsein einzelner im Vordergrund steht und nicht die Interaktion der Gemeinschaft. Glaubt mir: Das ist nicht gerade das, wie ich mir Digitale Kirche vorstelle.

Respekt an alle, die jetzt etwas wagen

Und doch möchte ich jetzt eine Lanze brechen. Ich habe aus tiefstem Herzen Respekt vor jeder Pfarrerin, jedem Kantor, jedem Vikar, jeder Gemeindepädagogin, die jetzt die Kamera zückt, die Instagram ausprobiert, der das erste Mal einen Podcast versucht.
Ja, meine Güte, klar, kommt da viel Schrott bei rum. Und ob wir nicht aufpassen müssten, dass diese Dinge auch wieder verschwinden können, indem wir es beispielsweise nicht sofort bei Youtube hochladen, sondern erst mal auf der Gemeinde Website lassen: 
Ja, ist ein Argument.

Und doch: Respekt ihr „Digital Disciples“ (Digitale Jünger*innen) da draußen! 

Was ist mit der Beziehungsebene?

Alle, die den Mut haben, etwas auszuprobieren, die sich im Dienst des Evangeliums online zur Wort melden, die über ihren analogen Schatten springen – das ist toll. Das ist wirklich ganz toll. Es ist deswegen toll, weil es ja nicht darum geht, alle Menschen damit zu erreichen, sondern die Beziehung zu Gemeindemitgliedern aufrecht zu erhalten. Für manche sind verwackelte Gottesdienst aus ihrer Heimatgemeinde vielleicht das, was sie brauchen. Einen durchgestylten Fernsehgottesdienst würden sie sich nicht ansehen. Aber den Gottesdienst mir ihrer lieben Pfarrerin Meier schon. 
Menschen gehen ja auch nicht in ihre Ortsgemeinde, weil dort das Angebot durchweg qualitativ erste Sahne ist. Sondern weil sie die Pfarrerin kennen, weil sie mit ihrem Nachbarn schnacken wollen, weil ihr Papa früher auch schon hergekommen ist, weil sie hier konfirmiert wurden… vergessen wir bitte nicht die Beziehungsebene! Die Bindung, die Gemeinschaft! 

Das hast @SusiSchwrzschaf gut ausgedrückt, ich hoffe ich darf sie zitieren:

Wenn ein Angebot, Nähe herstellen kann, tut es das, was es soll: Menschen im Namen Gottes zusammenbringen. 

Schön auf den Punkt bringt es auch @dailybug:

Was wir von der Salbung in Bethanien lernen können (Evangelium nach Markus, Kapitel 14) 

Die, die sich jetzt erheben und die verwackelten Gottesdienste kritisieren: Ihr habt ja Recht. Aber bitte, bitte überlegt euch, was ihr da tut. 
Mir tut der scharfe Ton in der Kritik momentan in der Seele weh, es geht mir ein Stich durchs Herz… nicht nur, dass jene die jetzt kritisieren werden, sich womöglich abwenden und nie wieder etwas mit Digitaler Kirche zu tun haben wollen.
Überlegt bitte auch, was ihr im Geiste des Evangeliums tut. Der Predigttext für den Sonntag vor Ostern ist in diesem Jahr die Salbung in Bethanien. Da geht eine Frau zu Jesus und schüttet ihm wertvolles Öl über den Kopf. Das Öl hätte man total gut verkaufen können. Mit dem Erlös hätte man ganze Armen-Speisungen organisieren… aber die Frau verschwendet das Öl. Aus Liebe. 
Und in meiner Vorstellung stellt sie sich bei ihrer „Salbung“ jetzt auch nicht besonders geschickt an. Mein Bild ist eher, dass sie tapsig zu Jesus geht, dass ihre Hände zittern, dass sie nicht genau weiß, was sie tut – aber sie will es, sie hat ein Ziel: Jesus beschenken. 

Liebe ist verschwenderisch 

Ich möchte auf das Herz dieser Frau sehen, auf ihre Liebe – nicht auf die Verschwendung, die peinliche Aktion, die sie da bringt, nicht darauf, dass es irgendwie unangebracht ist, was sie macht.

Gemeinschaft und Kollegialität ist im Moment so wichtig, ist es immer, aber jetzt vielleicht umso mehr. Lasst uns wertschätzend umgehen mit alle dem, was andere in der Krise tun. Wie sie selbst das bewältigen. Was sie zu schenken haben. Es ist so leicht sich selbst zu profilieren, indem man andere kritisiert! Es ist auch leichter zu kritisieren als aufrichtig Hilfe und Unterstützung anzubieten, für die einige im Moment, was Digitale Kirche angeht, sicher auch dankbar wären.

In der Geschichte der Salbung in Bethanien kritisieren die Umstehenden die Frau, die Jesus salbt. Vielleicht sollten wir ja mehr Angst haben zu sein wie die, die kritisieren und meckern – als Angst zu haben, wie die Frau zu sein, die etwas zu verschenken hat.  

Meine Bitte

Schaut auf die Gemeinschaft, nicht auf die verwackelten Handybilder. 
Schaut auf die Liebe, nicht auf das vergossene Öl.
Eure Theotabea

4 Kommentare

  1. Danke für deinen liebevollen Kommentar. Vielleicht getraue ich mich auch noch was. Mal sehen. Vorerst bin ich am bloggen und schreiben. Klar, sprechen auch, Live-Übertragung des täglichen Mittagsgebetes, das aus der Krankenhauskapelle über den Hauskanal auf die Fernseher in den Krankenzimmern übertragen, wird aber nicht aufgezeichnet.
    Hab ein Lied-Video aufgenommen und privat verschickt an liebe Menschen.
    Danke

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